Protest gegen Gedenktafel
Die umstrittene Gedenktafel im Innehof des Münchner Rathauses. Foto: HO
12Das Münchner Friedensbündnis hat sich auf eine Gedenktafel im Münchner Rathaus eingeschossen. Die Tafel erinnert an den Reichskriegertag des Jahres 1929. Die Steintafel soll beseitigt werden, fordern die Initiatoren in ihrer Petition.
Von Ralph Hub
Die unscheinbare Gedenktafel aus Sandstein hängt im Durchgang zum Prunkhof des Münchner Rathauses. Notiz hat von den schwülstig patriotischen Parolen die letzten Jahre eigentlich kaum einer genommen. Doch jetzt hat sich das Münchner Friedensbündnis auf die Tafel eingeschossen, die an den Reichskriegertag 1929 erinnert und bis heute die unselige Heldenverehrung jener Tage rühmt. „Über alles das Deutsche Vaterland“ steht da in Stein gehauen. Und weiter: „Der Stadt München zur Erinnerung an den 3. Deutschen Reichskriegertag im Jahre 1929. Der Deutsche Reichskriegerbund Kyffhäuser“. Die über 200-jährige Tradition des Kriegerbundes ist mit den finstersten Kapiteln deutscher Geschichte eng verbunden: Militarismus, Kriegsverherrlichung und martialische Aufmärsche bestimmten das Bild.
1933 bekannte sich der Kyffhäuserbund und sein damaliger Präsident, General Rudolf von Horn, demonstrativ zu Adolf Hitler. Als „NS-Reichskriegerbund“ übernahm schließlich die SA das Kommando. „Die Organisation hat dem Hitler-Faschismus den Weg geebnet“, sagt Claus Schreer vom Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus. „Weder der Reichskriegertag noch der militaristische Reichskriegerbund verdienen eine Würdigung durch die Landeshauptstadt München.“ Deshalb soll die Steintafel im Durchgang zum Innenhof des Rathauses verschwinden, wie es in der Petition des Friedensbündnises heißt, die Ende der Woche OB Dieter Reiter und dem Stadtrat übergeben wurde. „Diese unsägliche Ehrentafel ist ein Schandfleck im Münchner Rathaus“, betont Claus Schreer gegenüber der AZ.
Als sichtbares Zeichen für den Protest ziert die Tafel seit Freitag ein übergroßer Button, sozusagen eine pazifistische Ergänzung: ein durchgestrichener Wehrmachtsstahlhelm im roten Kreis mit dem Slogan „Kein Platz den Militaristen“. „Diese ästhetische Intervention musste sein“, sagt Claus Schreer nach der Aktion vom Freitag.
Die Gedenktafel hat in den letzten Jahrzehnten kaum einer bewusst zur Kenntnis genommen. Beschwert hat sich im Rathaus nach Auskunft von Sprecher Stefan Hauf auch keiner. Jetzt könnte allerdings der eine oder andere aus der braunen Szene zu der Tafel pilgern. Im Stadtrat zeigt man sich offen gegenüber der Petition. OB Dieter Reiter hat bereits das Stadtarchiv beauftragt, sich der Sache anzunehmen. Die Stellungnahme soll möglichst bald im Ältestenrat besprochen werden. „Noch vor der Sommerpause wolle man das Thema diskutieren“, heißt es im Stadtrat.
Was mit der Tafel im Anschluss passiert, ist unklar. Man könnte sie entfernen, heißt es im Rathaus oder durch einen kommentierenden Zusatz ergänzt, der die Geschichte von Kyffhäuser- und Reichskriegerbund erklärt. So wie es inzwischen bei einigen Straßenschildern und Orten in München bereits der Fall ist.
Der Kyffhäuserbund besteht übrigens noch immer. Er wurde 1952 wieder ins Leben gerufen. Heute gibt man sich betont demokratisch. Aufgabe sei aktive Reservistenarbeit und die Förderung des Sports, insbesondere das Sportschießen. So steht es jedenfalls auf der Homepage des Bunds. Zu einer Stellungnahme war am Freitag leider niemand zu erreichen.